NZZ-Gastkommentar vom 15. September 2017 von Dr. Pietro Supino, Verleger und Verwaltungsratspräsident von Tamedia: Voraussetzung für den Erfolg von Schweizer Medienhäusern ist die Qualität der journalistischen Angebote. Die richtigen Arbeitsinstrumente und Kompetenzen sind dafür zentral, ebenso Freiräume für Kreativität und für Inhalte.
«Complaining is not a strategy!» Das Zitat des Amazon-Gründers und Neoverlegers der «Washington Post», Jeff Bezos, ist evident. Trotzdem ist es für uns Medienmacher nützlich, die Botschaft zu verinnerlichen. Unser Ziel und unser Anspruch muss es sein, die Zukunft zu gestalten, um ein reiches Medienangebot für die Schweiz zu erhalten.
Bereits zu Jahresbeginn war absehbar, dass die Rückgänge auf dem Anzeigenmarkt sich fortsetzen würden. Der Grund ist nicht, dass Anzeigen in traditionellen Medien kein attraktives Angebot wären. Im Gegenteil, traditionelle Medien bieten ein sehr attraktives Umfeld für Werbung. Aber es gibt unendlich viele und laufend neue Alternativen dazu. Und wenn das Angebot schneller wächst als die Nachfrage, sinken die Preise, oder schlimmer noch: Einzelne Angebote werden weniger genutzt.
Auf uns angewandt, bedeutet dies, dass die Anzeigenumsätze zurückgehen. Wir können unsere Arbeit möglichst gut machen, uns dem globalen Trend aber nicht entziehen. Unsere Branche muss sich darauf einstellen. Allerdings sollte der Staat uns das Leben nicht noch schwerer machen. Die öffentliche SRG und mit ihr Admeira sollten das private Angebot nicht konkurrenzieren und zusätzlich unter Druck setzen. Abgesehen davon, dass die Kommerzialisierung des Service public ein Widerspruch in sich selber ist.
Angebot übersteigt Nachfrage
Auf der Nutzerseite sind wir ebenfalls mit einer fortschreitenden Explosion des Angebots konfrontiert. Noch nie stand den Menschen ein reicheres Medienangebot zur Verfügung. Das Interesse an unseren Inhalten ist grösser als je zuvor. Vielleicht halten wir nicht alle neuen Angebote für intellektuell wertvoll, aber sie werden genutzt, und es findet sich Hervorragendes darunter. Auf alle Fälle übersteigt das Angebotswachstum die Nachfrage.
Trotzdem verfolgten die Verlage in den letzten Jahren eine Strategie der laufenden Preiserhöhungen. Diese Zeiten scheinen vorbei zu sein. In Zukunft werden wir für unsere neuen digitalen Angebote tiefere und differenzierte Preisen offerieren müssen.