Herr Supino, Anfang 2018 forderten Sie an der Dreikönigstagung höchste Priorität für Medienkompetenz. Medienschaffende aus der Praxis sollen an den Schulen unterrichten. Was ist daraus geworden?
Zunächst hatten wir sehr viele Anfragen für Besuche von Schulklassen bei Tamedia, die wir gerne angenommen haben. Ziel meiner Initiative war es aber, dass wir branchenweit einen besseren Rahmen dafür schaffen. Seitens des Verlegerverbandes haben wir das Anliegen bei unserem politischen Lobbying als Priorität weiterverfolgt und mit der Präsidentin der Erziehungsdirektorenkonferenz nach Wegen gesucht, um das Konzept der in der Westschweiz gut verankerten «Semaine des médias à l’école» auch in der deutschen Schweiz zu etablieren. Das ist nicht einfach, weil der Schulbetrieb trotz Harmonisierung der Lehrpläne in die Kompetenz der Kantone fällt und viele unterschiedliche Interessen aufeinander treffen.
Und sonst?
Parallel dazu haben wir das Anliegen an einem runden Tisch mit dem MAZ, dem Bakom, dem Fög, der SRG sowie verschiedenen pädagogischen Hochschulen und kantonalen Bildungsdirektionen weiterverfolgt. Dabei wurden konkrete Ansätze wie eine Plattform für Unterrichtsmaterial, Konzepte für die Lehrerausbildung oder Begegnungsmöglichkeiten mit der Praxis entwickelt. Schliesslich hat Michael Marti aus unserem Haus mit Viviane Manz von der SRG die Initiative «YouNews – Schweizer Jugendmedienwoche» gestartet. Diese wollen wir über den Verlegerverband zusammen mit allen interessierten Medienhäusern ausbauen.
Warum stellten Sie damals Medienkompetenz ins Zentrum, wenn doch der Branche «das Schicksalsjahr» bevorstand?
Weil die Medienkompetenz der Bevölkerung und speziell der jungen Menschen angesichts des medialen Überangebots eine Voraussetzung für das Überleben der Qualitätsmedien ist. Wenn mediale Qualitäten nicht erkannt und geschätzt werden, verlieren sie zuerst ihre gesellschaftliche Bedeutung und dann auch ihre ökonomische Basis. Es handelt sich um eine existenzielle Voraussetzung für die Zukunft der Medien, jedenfalls wenn man langfristig denkt.
Was war 2018 für ein Jahr aus Ihrer Sicht?
2018 war ein schwieriges Jahr, weil der wirtschaftliche Druck in der Medienbranche nochmals deutlich zugenommen hat. Das war allerdings absehbar und bereits das Thema meiner Ansprache an der Dreikönigstagung 2017. Auf der positiven Seite könnte 2018 im Nachhinein als ein Jahr des Durchbruchs in der digitalen Transformation gesehen werden. Es wird immer fassbarer, wie die neuen technologischen Möglichkeiten den Journalismus bereichern können – von grossen datenjournalistischen Recherchen bis zur Nutzung artifizieller Intelligenz, um beispielsweise die Berichterstattung über eidgenössische Abstimmungen bis auf Gemeindeebene herunterzubrechen. Auf der kommerziellen Seite sind wir beflügelt vom Erfolg, den wir mit unseren Abo+-Angeboten, also neuen digitalen Bezahlmodellen für Qualiätsjournalismus verzeichnen. Die Geschichtsschreibung sollten wir aber besser unseren Nachfolgern überlassen.